So, zwei Wochen in trauter Familienglückseligkeit mit unserem Neuzuwachs – der bezaubernden Romy – liegen hinter uns. Mein Freund muss nun wieder arbeiten und auch ich habe mir vorgenommen, nun wieder fleissiger hier zu sein. Romy macht es mir auch sehr einfach, sie ist ein absolut entspanntes Baby. Aber besser nicht den Tag vor dem Abend loben. Wer weiss, welche Zeiten noch auf uns zukommen. Heute soll es aber gar nicht um die kleine Prinzessin gehen. Es geht um eine andere Herzensdame. Nämlich eine kleine Dackel-Mix-Lady, die bereits ein paar Wochen vor Romys Geburt mein Herz erobert hat. Ich hatte mir nämlich in den Kopf gesetzt, dass ich in meinem Mutterschutz unbedingt das Herzensprojekt Pflegehund verwirklichen will. Wie es mir damit ergangen ist, warum Pflegestellen so wichtig sind und warum es sich aber sowas von lohnt, einen Pflegehund bei sich aufzunehmen, das will ich euch heute erzählen.
Obwohl uns einige Steine in den Weg gelegt wurden, habe ich keinen Tag bereut, Gretel als Pflegehund bei uns aufgenommen zu haben.
Schon seit ziemlich langer Zeit denke ich darüber nach, hin und wieder eine Pflegestelle für Straßenhunde anzubieten. Einfach weil es eine so wunderbare Sache ist und wir derzeit keinem weiteren Hund ein dauerhaftes Zuhause bieten können. Da ich aber sonst beruflich auch viel außer Haus bin, hatte ich einfach nicht die Möglichkeit. Als ich dann in den Mutterschutz ging und quasi sechs Wochen Zeit Zuhause verbringen sollte, wurde die Idee immer konkreter. Nur der Liebste musste noch überzeugt werden. Das war gar nicht so einfach, weil er natürlich wollte, dass ich meine letzte Zeit hochschwanger mehr entspannen sollte. Mit einer kleinen dramatischen Einlage und ein paar Krokodilstränen ist es mir dann aber doch geglückt, ihn zu überzeugen.
Allerdings musste ich bestimmte Voraussetzungen schaffen. Die Abmachung war, dass der Pflegehund entweder bis 15.10 vermittelt sein muss oder eine Back-up Pflegestelle dann einspringt. Die müsste dann auch im Notfall – also falls Romy früher gekommen wäre oder ich aus irgendwelchen Gründen nicht mehr fit genug sein sollte – sofort einspringen. Ich dachte erst, es würde daran scheitern, aber wie aus dem Nichts hat sich eine meiner engsten und besten Freundinnen angeboten. Somit konnte ich auch diesen Punkt abhaken.
Die kleine Dackel-Mix-Dame Gretel war schon lange in meinem Kopf. Ich wollte sie unbedingt vor dem Winter nach Deutschland holen.
Also musste nur noch der passende Pflegehund gefunden werden. Was für mich ziemlich schnell feststand: es sollte die kleine Dackel-Mix-Dame Gretel werden. Ich hatte sie bei SOS Dogs Romania bereits vor einigen Monaten gesehen und dieser Hund ging mir nie richtig aus dem Kopf. Die war mittlerweile neun Monate alt, also mehr Junghündin als Welpe. Aber immer noch die kleinste in Ana-Marias Shelter. Und auf einem Gruppenbild saß sie ganz brav hinter allen anderen. Irgendwie habe ich mir gedacht, dass sie und Sunny ein tolles Gespann abgeben würden.
Normalerweise läuft es so, dass man vorab einen Pflegevertrag unterschreibt und dann Spenden für die Ausreise des Hundes gesammelt werden. Dann wird ein Treffpunkt ausgemacht und man kann dort die Hunde abholen. Bei uns fiel die Ausreise von Gretel leider auf ein sehr ungünstiges Wochenende. Wir hatten da nämlich unseren Geburtsvorbereitungskurs. Somit bat ich gleich meine Freundin, die kleine Gretel in Empfang zu nehmen. Nicht sehr optimal. Und es kam dann doch noch ganz anders. Denn der Transport verschob sich immer weiter nach hinten, sodass es hiess, dass Gretel irgendwann um drei Uhr nachts irgendwo in der Pampa ausserhalb Hamburgs ankommen sollte. Das wollte ich meiner Freundin, die ein kleines Kind hat, dann auch nicht zumuten. Somit wurde organisiert, dass Gretel erst von einer Frau, die noch einen anderen Hund abholt, in Empfang genommen wird.
Die Ankunft verschob sich dann noch mal weiter nach hinten und erst in den frühen Morgenstunden erreichte Gretel ihr Ziel und kam mit der anderen Hündin von Ana-Maria zu einer Pflegestelle. Wir wollten Gretel dann eigentlich direkt am Sonntagabend nach unserem Kurs aus Lübeck abholen, uns erreichte dann aber die Nachricht, dass Gretel bereits dort Interessenten hätte. Ehrlicherweise muss ich sagen, dass da mein Egoismus anspring und ich erst sehr traurig war, dass ich die kleine Hündin vielleicht gar nicht kennenlernen würde. Ich hatte mir da bereits überlegt, in diesem Fall noch eine andere Hündin nach Deutschland zu holen. Und nach ein paar Schockminuten wurde ich auch klarer und freute mich, dass Gretel eventuell so schnell ein Zuhause gefunden hat.
So schnell vermittelt? Sollte ich meine Pflegehündin gar nicht kennenlernen?
Parallel dazu kam es dann noch ganz dicke. Meine Eltern hatten an diesem Wochenende auf Sunny aufgepasst und der fing plötzlich an, stark zu röcheln. Meine Eltern sind von Samstag auf Sonntagnacht mit unserem kleinen dann zum Tierarzt gefahren und die Diagnose hätte nicht passender sein können: Hundehusten. Was bedeutet, dass er keinen Kontakt zu anderen Hunden haben durfte. Und damit ging das Durcheinander dann auch weiter. Denn am Montag kam bereits die Nachricht, dass die Adoptanten von Gretel wieder abgesprungen sind. Also habe ich sie einen Tag später aus Lübeck dann abgeholt. Sunny wurde für ein paar Stunden bei meinen Eltern untergebracht und ich musste wieder meine Freundin als Back-up Pflegestelle aktivieren.
Als ich Gretel von ihrer ersten Pflegestelle abgeholt habe, brach es mir fast das Herz. Sie fühlte sich natürlich sehr wohl mit der anderen Hündin, die sie ja bereits aus dem Shelter kannte. Und plötzlich musste ich sie da rausreissen, mit dem Wissen, dass ich sie abends wieder wegbringen muss zu meiner Freundin. Die kleine Dackelhündin hat auch anfangs im Auto furchtbar geweint. Es hat mir fast das Herz gebrochen und ich bin mehrmals rechts rangefahren, um sie zu trösten. Als wir bei mir ankamen, hatte sie sich bereits beruhigt und sehr schnell Vertrauen zu mir gefasst. Aber abends musste ich unseren kranken Hund wieder holen und Gretel musste erst mal woanders untergebracht werden. Emotional war das für mich und die kleine Hündin nicht einfach.
In den kommenden Tagen bin ich hin und wieder zu meiner Freundin gefahren, wenn diese kurz arbeiten musste, um mit Gretel spazieren zu gehen. So hatte sie mich dann auch nicht vergessen, als sie am Ende der Woche, nachdem Sunny nicht mehr ansteckend war, endlich zu uns kommen durfte. Meine Freundin hatte ihre Aufgabe toll gemacht und sich liebevoll um die Kleine gekümmert.
Endlich konnte Gretel zu uns kommen.
Wir haben Gretel am Sonntagabend gemeinsam mit Sunny abgeholt und es lief mit den beiden Hunden gleich sehr entspannt. Ein wenig eifersüchtig war Sunny bei seinem Platz und beim Futter, aber er hatte sie erstaunlich schnell akzeptiert. Und Gretel hat das ganze Hin und Her auch wunderbar gemeistert und fand sich sehr schnell bei uns ein. Nur stubenrein musste ich sie noch kriegen. Weil sie anfangs nicht auf den Spaziergängen ihre Geschäfte erledigte, musste ich ziemlich oft bei uns im Innenhof auf und ab rennen.
Nach und nach glückte uns aber auch diese Mission und mein Herz ging jeden Tag mehr auf, wenn ich sie uns Sunny zusammen spielen sah, sie sich wie eine kleine Hundegang verhielten und die Nähe beieinander auf der Couch suchten. Es war für mich eine so schöne Zeit mit den beiden Hunden und ich wollte zu diesem Zeitpunkt am liebsten nicht an die Vermittlung von Gretel denken. Aber ich wusste, dass es sein muss. Ich spürte, dass mein Kind bald auf die Welt kommen will und auch die Frauenärztin warnte mich vor, dass ich es wahrscheinlich nicht bis zum Stichtag schaffen werde.
Es gab ein paar Interessenten für Gretel. Aber ich konnte sie nur an besonders liebevolle Leute vermitteln, alles andere hätte mich nicht mehr schlafen lassen. Und nach den ersten Besuchen war ich fast ein wenig frustriert. Dann tat sich aber über unsere lieben Nachbarn eine tolle Möglichkeit auf. Ein befreundetes Paar, das bereits aus dem Tierschutz einen Hund hatte, wollte gernen einen zweiten haben. Und als sie uns besuchten, wusste ich, dass Gretel ihr neues Zuhause gefunden hat.
Gretel wurde zu Penny Lane.
Die letzte Hürde war, dass Gretel sich noch mit der anderen Hündin verstehen musste. Als ich hörte, dass das erste Zusammentreffen der beiden geglückt war und Gretel nun ihr Zuhause gefunden hat, war ich glücklich und traurig zugleich. Es bedeutete nun, wirklich Abschied zu nehmen. Aber immerhin ist Gretel in Hamburg geblieben und sogar in unserer Nähe. Über Facebook und Instagram kriege ich regelmäßig Fotos von ihr zu sehen und kann mich überzeugen, dass sie glücklich ist und sich toll entwickelt. Da ihre neuen “Eltern” Engländer sind, wurde sie in Penny Lane umbenannt.
Ihr merkt, das Ganze war eine kleine Odysee und ein emotionales Auf und Ab. Trotzdem habe ich keine Sekunde bereut, mich für einen Pflegehund entschieden zu haben. Ich habe gemerkt, wie wichtig es für die Straßenhunde ist, Pflegestellen zu finden, die bei der Vermittlung helfen.
Denn Pflegestellen helfen dabei, den Hund ein Haus oder eine Wohnung zu gewöhnen. Die meisten Hunde leben in Sheltern, sind also die meiste Zeit draußen und mit vielen anderen Hunden zusammen und haben eher weniger Menschenkontakt. Das Leben in einer Familie ist eine ganz andere Nummer. Und daran müssen die Hunde erst mal gewöhnt werden. Dann müssen sie stubenrein gemacht werden, an der Leine gehen und eine neue Umgebung kennenlernen. Bei uns hatte Gretel auch noch Kontakt zu Katzen und Kindern, was bei der Vermittlung auch hilfreich sein konnte.
Pflegestellen sind ein wichtiger Schritt bei der Vermittlung von Straßenhunden.
Generell hilft die Orga einem auch dabei, eine passende Endstelle zu finden. Bei uns hat es durch Zufall auch ohne großen Einsatz geklappt und ich bin heilfroh, dass die kleine Penny nun keinen kalten Winter in Rumänien ausstehen muss. Wenn unsere Romy erst mal größer ist, würde ich mich gerne wieder als Pflegestelle zur Verfügung stellen. Es hat mir unglaublich viel gegeben, einem kleinen Hund, dabei zu helfen, ein neues Leben zu beginnen.
Momentan werden wieder dringend Pflegestellen gesucht. Wenn ihr Interesse daran habt, dann meldet euch einfach unverbindlich bei SOS Dogs Romania. Und ich beantworte euch auch gerne Fragen zu diesem Thema. Einfach einen Kommentar unter diesem Beitrag schreiben.
Fiona
1 November
Oh so ein kleiner Süßer! Ich bin ja auch ein totaler Hundefreund und vermisse den Igor ein sehr (ist mittlerweile bei meiner Mama seit dem Umzug). Leider fehlt mir einfach die Zeit 🙁
Liebe Grüße, Fiona THEDASHINGRIDER.com
Bianca
1 November
Oh Gott wie lieb du bist! Die Geschichte ist so herzzerreißend und schön und kann so gut verstehen, dass du sie am liebsten gar nicht weg gegeben hättest. <3
missesviolet
3 November
Das finde ich unglaublich toll von Euch! Ich habe ja selbst zwei Hunde und unser großer ist aus dem Tierheim. Bald habe ich auch mehr Platz, da könnte ich mal drüber nachdenken, auch zwischendurch Pflegehunde zu nehmen.
Gretel bzw. Penny Lane habt Ihr auf jeden Fall zu einem schönen neuen Leben verholfen.
Liebe Grüße
Sara | missesviolet